Tegel-Argumente ernst nehmen

Ein Kommentar von Thomas Fülling

Flughafen Berlin-Tegel (© O. Pritzkow)
Flughafen Berlin-Tegel (© O. Pritzkow)

Nun also auch Karsten Mühlenfeld. Nach dem Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr hat sich jetzt auch der frühere Geschäftsführer der Berliner Flughäfen für ein Offenhalten von Tegel ausgesprochen. Wie Spohr macht er Zweifel an der Leistungskraft des neuen Hauptstadt-Airports BER geltend, der, wenn alles gut geht, im Oktober 2020 in Betrieb geht.

Höchstens 40 Millionen Passagiere könnten auf dem Airport in Schönefeld pro Jahr abgefertigt werden, argumentiert Mühlenfeld. Mittelfristig sei zudem eine dritte Startbahn erforderlich, die dort nicht möglich sein wird. Da wäre es doch sinnvoll, eine Startbahn sowie Teile von Tegel weiter zu nutzen.

Der Konter der Berliner SPD kam prompt. Mühlenfeld vertrete doch jetzt nur die Interessen seines neuen Arbeitgebers, der Ryanair. Die irische Billigfluggesellschaft forderte seit Langem den Weiterbetrieb von Tegel.

Infrastruktur wieder aufbauen dauert lange und ist teuer

Wer so argumentiert, macht es sich zu einfach. Denn genauso richtig ist, dass alle Flughafenchefs bisher nicht frei waren in ihrer fachlichen und rechtlichen Beurteilung der Tegel-Frage. Sie hatten den politischen Vorgaben der Flughafen-Eigentümer zu folgen. Und die halten trotz eines klaren Votums der Berliner, die 2017 mehrheitlich für einen Tegel-Weiterbetrieb votierten, am TXL-Aus fest. Dafür mag es gute Gründe geben. Doch gerade die Debatte über Engpässe im Schienenverkehr in der Hauptstadtregion zeigt: Vorhandene Infrastruktur wie etwa die Siemensbahn stillzulegen, das geht schnell. Sie wieder aufzubauen, ist nicht nur zeitaufwendig, sondern auch teuer und risikobehaftet.

Wenn also Luftfahrtmanager auf drohende Engpässe im Flugverkehr hinweisen, sollten deren Argumente erst genommen werden. Und zwar jetzt. Denn ist Tegel erst einmal geschlossen, ist eine Wiedereröffnung dauerhaft ausgeschlossen. Auch Ersatz anderswo in der Stadt wird es nicht geben. Berlin beraubt sich eines wichtigen Wirtschaftsfaktors – und zwar auf alle Zeit.

ots/Berliner Morgenpost

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