Was lange währt … der Flughafen Berlin Brandenburg wird endlich eröffnet
|Wird was lange währt auch wirklich gut? Das bleibt abzuwarten, was den neuen Flughafen BER betrifft, der nun im Herbst 2020 endlich eröffnet wird – mit neun Jahren Verspätung, wohlgemerkt, und infolge endloser Probleme mit dem Bau, sowie Häme und Spott im Hinblick auf die sonst so berühmte, solide deutsche Baukunst.

Lag ein Fluch auf dem Bau des neuen Berliner Flughafens, war es vielleicht sein Namensgeber Willy Brandt selbst, des sich aus dem Jenseits gegen die Inbetriebnahme wehrte, oder drehte er sich möglicherweise beschämt im Grabe um angesichts der endlosen Fehlplanungen seit Beginn der Konstruktion 2006 bis zur voraussichtlichen Öffnung im Oktober 2020? Das Projekt gilt als eines der am meisten skandalumwitterten Bauunternehmen Deutschlands, mit ständig neu verlegten Eröffnungsterminen. 2011 war zunächst vorgesehen, man schloss die Arbeiten jedoch nicht rechtzeitig ab. 2012 hatte man bereits offiziell zur Eröffnungsfeier eingeladen, nur um drei Wochen davor alles abzusagen. Ist es jetzt wirklich soweit und das ironisch als „Wunder von Berlin“ bezeichnete Projekt wird endlich Realität? Fest steht, dass derzeit vor Ort einiges in Bewegung ist und der Betrieb des Flughafens auf Herz und Nieren geprüft wird – einschließlich einer Vielzahl von „Testbesuchern“, und das mitten im Jahr der Corona-Krise und zu einer Zeit, in der der Reiseverkehr noch weitgehend eingeschränkt bleibt und soziale Distanzierung das Aufkommen von Menschenmassen verhindern soll. Geht alles klar, soll am 31. Oktober in Berlin Schönfeld der Startschuss gegeben werden. Doch bis dahin gilt es weiterhin Daumen zu drücken.
Das gilt zudem auch für die mit Spannung erwartete Übernahme des alten Flughafens Berlin Tegel für andere Zwecke. Dieser macht mit der Eröffnung des neuen Willi-Brandt-Flughafens (kurz BER) dicht, und soll dann der Standort für einen neuen Forschungs- und Industriepark werden, wo man laut der verantwortlichen Projektgesellschaft Gründer, Studenten, Investoren, Industrielle und Wissenschaftler zusammenbringen will. Ist dies jedoch die lukrativste Nutzung der Fläche, die in etwa so groß ist wie der Berliner Tiergarten? Andere stillgelegte Flughafen wie München Riem wurde zum Messegelände und Kulturgebiet, der einstige Airport Athen-Ellinikon wird lukrativ als Spiel-Eldorado genutzt und auch so mancher Berliner mag sich fragen, ob man Tegel nicht doch lieber in ein Casino verwandeln sollte.
Die bisherigen Hürden des neuen Berlin-Brandenburg-Flughafens waren vielseitig und hauptsächlich die Folge schlechter Planung und unklarer Finanzierung: Probleme mit Baugenehmigungen, Brandschutzrichtlinien, nicht funktionierenden elektronischen Verbindungen und etlichem mehr. Zunächst waren die Kosten im Jahr 2004 und mit der ersten Budgetkalkulation auf 1,983 Milliarden Euro geschätzt worden, in zwischen geht man laut Tagesspiegel im Businessplan der Fluggesellschaft von Berlin Brandenburg (FBB) von 5,932 Milliarden Gesamtkosten aus, werden Finanzierungskosten wie Zins und Tilgung der Kredite hinzugerechnet, wird der Flughafen insgesamt 7,1 Milliarden Euro kosten. Bis 2030 soll der BER, wie der neue Airport kurz genannt wird, um einen Terminal und für 48 Millionen Passagiere erweitert werden, dafür werden derzeit weitere Kosten von 2,3 Milliarden Euro kalkuliert. Von der Landeshauptstadt selbst flossen zwischen 2005 und 2019 über eine Milliarde in das Unternehmen ein – was natürlich gleichzeitig zu Lasten der Steuerzahler ging. Der Tagesspiegel kalkulierte weiter, dass der Bau jeden Berliner bisher 300 Euro gekostet hat.

Ist nun bald alles vergessen, wenn der BER in Betrieb geht, samt seinem kunstvollen roten „fliegenden Teppich“ aus Metall in der Haupthalle des Terminals 1 und seinem markanten Dach, entworfen von Architekt Meinhard von Gerkan? Das Design der Terminals ist modern, mit einem Hauch von rustikal – von der roten Beschilderung über die Wandtäfelung in braunem Nussbaumfurnier bis zum hellem Sandkalkstein der Bodenfließen.
Im zentralen Hauptterminal werden Lufthansa und die großen internationalen Fluglinien operieren, im südlichen Teil ist Berlins aktuell größte Fluglinie EasyJet beherbergt, im Nord-Wing des Flughafens befinden sich die Gates für Eurowings – dorthin müssen die Passagiere allerdings zu Fuß gehen. Der Hauptterminal besitzt derzeit eine Kapazität von 25 Millionen Passagieren, die den Betrieb hoffentlich rentabel machen. Die Hoffnungen sind groß den neuen Berliner Flughafen so bekannt und erfolgreich zu machen wie München oder Frankfurt.
Derzeit sind rund 400 Komparsen auf dem Willy-Brandt-Flughafen unterwegs und testen ihn auf Herz und Nieren – von Einchecken und Gepäckabfertigung bis hin zur Effizienz der Orientierungshilfen. Dabei bekommen die Freiwilligen fiktive Szenarien und Namen sowie virtuelle Flugrouten zugewiesen, um auf eine Probereise zu gehen. Zusätzlich werden sogar bestimmte Ereigniskarten ausgeteilt, die das Personal vor bestimmte Herausforderungen stellen – wie das Reisen mit Haustieren oder Musikinstrumenten. All dies natürlich gemäß den derzeitigen Distanzierungsrichtlinien. Die Corona-Krise bedeutete für viele Fluglinien eine massive Existenzkrise, was natürlich auch die Zukunft des BER infrage stellt. Zunächst mag sich der reduzierte Reiseverkehr positiv auf die Eröffnung auswirken und einen entspannten Soft-Launch ermöglichen, ohne die gewohnte Hektik und das übliche Passagieraufkommen. Angesichts der horrenden Kosten und endlosen Verzögerungen beleibt jedoch zu hoffen, dass sich das Reisen in und aus der Landeshauptstadt bald normalisiert. Besonders, wenn die geplante Ausweitung alsbald umgesetzt werden soll, ist es wichtig, dass so schnell wie möglich Geld in die strapazierten Kassen zurückfließt. Zu hoffen bleibt, dass es bis zur offiziellen Inbetriebnahme Ende Oktober nicht zu weiteren Pannen kommt. Es heißt, derzeit fehle es nur noch an Kleinigkeiten wie USB-Anschlüssen und Steckdosen, doch wirklich Aufatmen können die Verantwortlichen wohl erst, wenn der erste Flieger vom Flughafen Berlin Brandenburg abhebt.
